Bildung & Recht
Pflichtpraktikum
Ein Kaffeehaus, geführt von Schülern
Aller Anfang ist schwer – vor allem für junge Menschen im Berufsleben. Die Weinviertler Traditionsbäckerei „Geier“ nimmt sich aber genau jenen an und bot 19 Schülern und Schülerinnen trotz Corona-Krise einen Platz für ihr Pflichtpraktikum an. Nun führten vier der Teenager das Wolkersdorfer Kaffeehaus sogar in Eigenregie!
Katharina Helm drückt normalerweise in der HLW Hollabrunn die Schulbank. Die Ferienzeit nutzte die 16-Jährige heuer allerdings für ein Praktikum der ganz besonderen Art. Denn das, was die Familie Geier Schülern bietet, geht weit über einen üblichen Praktikumsplatz hinaus, vor allem in Corona-Zeiten. Katharina ist überwältigt von dem herzlichen Umgang der Mitarbeiter mit den Schülern. Man werde nicht überfordert, wie auch Chefin Erika Geier gegenüber „meiheimat.at“ betont. „Man muss in die Aufgaben reinwachsen und darf sie nicht ins kalte Wasser stoßen“, so die Geschäftsführerin, die stolz auf das ins Leben gerufene Projekt ist.
„Gefreut habe ich auch über mein erstes Trinkgeld in Scheinen“, strahlt Katharina.
Viele Schüler hätten gerade heuer kurzfristige Absagen hinnehmen müssen. Und so entschied man, kurzerhand zusätzliche Stellen für mehrmonatige Berufserfahrung zu bieten. Insgesamt 19 Burschen und Mädchen hatten so die Chance, wertvolle Erfahrung zu sammeln. Und das in einem regional tief verwurzelten Betrieb. Zusätzlich hatte Gerald Geier die kurzfristige Idee, ein weiteres Lernprojekt ins Leben zu rufen. Und so durften Katja Hofinger, Anton Geier und David Vasic aus der Tourismusschule Wassermanngasse und Katharina Helm nicht nur „übliche“ Abläufe in Bäckerei, Konditorei und Kaffeehaus lernen. Neben Dienstplanung, Bestellwesen und Arbeitsplanung im Detail konnte das Quartett nun sogar in Eigenregie die Gastgeberrolle übernehmen – und das für mehrere Tage!
Nächstes Jahr möchte man sogar noch einen Schritt weitergehen. Mit mehr Vorlaufzeit bei der Planung sollen noch mehr Praktikanten aufgenommen werden. Und das – geht es nach Erika Geier - neben dem Kaffeehaus in Wolkersdorf auch in einer der hochfrequentierten Filialen in Wien. Dass eben nicht jeder Start leicht ist, ist dabei auch den Verantwortlichen klar. „Wenn ein Kunde einmal besonders detaillierte Informationen haben wollte oder auch eine Beschwerde hatte, haben sich unsere Schüler natürlich nicht so leichtgetan“, erinnert sich Erika Geier. Doch nach zwei Wochen Praktikum wurde besprochen, wie man mit schweren Situationen umgehe und vor allem bei höherer Kundenfrequenz der Reihe nach arbeitet und ruhig bleiben kann. Was auch Katja Hofinger bestätigt: „Ich habe vor allem Selbstbewusstsein gewonnen und bin nun stressresistent“. Doch die positiven Momente überwiegen laut Erika Geier: „Ich bin immer wieder total überrascht, wie motivierbar die Schüler für so ein Projekt waren.“
Dass Praktikanten auszubilden für ein regionales Unternehmen auch Vorteile bringen kann, sieht man bei der Weinviertler Traditionsbäckerei seit Jahren. Immer mehr Bewerbungen würden eintrudeln, so Erika Geier. Das zeigte auch die Vergangenheit: Als junge Erwachsene kehren immer wieder ehemalige Praktikanten zurück, um 20 Stunden neben dem Studium Geld dazuzuverdienen. Doch auch im Führungsbereich sitzen Mitarbeiter, die bereits ihr Praktikum im Kaffeehaus absolvierten. Auch die beiden Schulen zeigen sich begeistert und wollen die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen intensivieren.
„Ich habe vor allem Selbstbewusstsein gewonnen und bin nun stressresistent“
Bewerbungen für ein Praktikum für nächstes Jahr sind jetzt schon unter jobs@geier.at möglich, die ersten Stellen werden ab November besetzt.
„Geier. Die Bäckerei“ ist ein regionaler Bäckerei-Konditorei-Kaffeehausbetrieb mit Standorten im Weinviertel und in Wien. Seit dem Jahr 2000 führen Gerald und Erika Geier in der vierten Generation das Familienunternehmen. Geier lebt echte Weinviertler Brotkultur schon seit 1902, backt ausschließlich nach eigenen Rezepten und bezieht seine Rohstoffe zu 80 Prozent aus einem Umkreis von 50 Kilometern.
Fotos: Imre Antal
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