Politik & Wirtschaft
Europe Summit
Demokratie und Freiheit im Europa nach Corona
Debatte über Freiheitsrechte, rechtsstaatliche Mechanismen und Vertrauen in demokratische Institutionen im Rahmen des 17. Salzburg Europe Summits in der Mozartstadt.
Die im Frühjahr 2020 ausgebrochene Coronapandemie hat auch dazu geführt, dass weltweit staatlicherseits Maßnahmen angewendet werden mussten, die auch Grund- und Freiheitsrechte temporär eingeschränkt haben. Mit der Frage, in welcher Weise man diese Rechte wiedererstellt und wie man künftig im Kontext einer Demokratie damit umgehen möchte, beschäftigte sich das Eröffnungspanel des zweiten Tages des Salzburg Europe Summits am Montag in Salzburg.
In seiner Eröffnungsrede sprach Landeshauptmann Wilfried Haslauer über die großen Herausforderungen, die diese Pandemie gerade auch für die Politik brachte. „Wir haben jetzt die Pandemie der Ungeimpften“, erinnerte Haslauer. Wie schon bisher in der Pandemie stelle sich nun verstärkt die Frage, welches Ausmaß an Eingriffen in die Rechte Ungeimpfter noch zulässig seien. Persönlich sei er der Ansicht, dass eine Impfpflicht wenn möglich zu vermeiden sei. Grundsätzlich sei in Österreich aber nun die Debatte zu führen, wie die Defizite in der Rechtsstaatlichkeit hinsichtlich der Krisen- und Notstandsgesetzgebung zu beheben wären.
Vor dem Hintergrund der generellen Fragestellung erläuterte Alexandra Siegl von Peter Hajek Public Opinion Strategies eine Ende April durchgeführte Studie zu Demokratie in Österreich. Mit einer gewissen Schwankungsbreite hätten demnach 83 Prozent angegeben, dass das Leben in einer Demokratie jedenfalls besser sei als in einer Diktatur. Acht Prozent hätten angegeben, dass eine Diktatur unter bestimmten Umständen besser sein könnte. Ihr Fazit: In Österreich herrsche ein konsolidiertes Demokratiebewusstsein, dass auch in Krisenzeiten stabil ist. Ebenso stabil sei aber das autoritäre Potential von etwa zehn Prozent.
Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn erinnerte, dass der Ausbruch der Pandemie letztlich alle überrascht habe, die Rechtsstaatlichkeit grosso modo über die Zeit betrachtet aber dennoch funktioniert habe. Europa wachse nun in der Recoveryphase wirtschaftlich stärker als China oder die USA. „Das hat klar mit unserem Lebensmodell individueller Freiheitsrechte zu tun“. Die Debatte um das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Kontrolle in einer Pandemie sei wichtig, so Hahn, vor allem, „weil sie Ausdruck dieses Lebensmodells ist. Diese Debatte findet fast nur in Europa statt, in China stellt sich diese Frage gar nicht erst“.
Europaministerin Karoline Edtstadler zeigte sich ob der präsentierten Zahlen erfreut. „Es zeigt, dass ein Schulterschluss über Parteigrenzen hinweg auch gute Ergebnisse bringt“. Es brauche aber Einigkeit und Ehrlichkeit, ein Ziehen an einem Strang, um schneller zu einer höheren Durchimpfungsrate zu kommen, dann könnten auch die Grund- und Freiheitsrechte schneller wieder hergestellt werden.
Sloweniens Außen-Staatssekretär Gašper Dovžan konstatierte, dass jeder EU-Staat auf seine Art und in seinem Verfassungsrahmen reagiert habe. Er verwies auf den Rechtsstaatlichkeitsbericht der Europäischen Kommission, der diesmal besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit im Rahmen der Covid-Bekämpfung legte. Europa sei gut in der Beschaffung des Impfstoffes gewesen, jetzt bessere sich auch die Gesamtsituation.
Der Leadership-Aspekt wurde in Folge von Mikuláš Dzurinda, Präsident des Wilfried Martens Centre, nochmals unterstrichen. „Jede Regierung musste kontroversielle Maßnahmen setzen, von Ausgangssperren bis zu Reisebeschränkungen. Leadership bedeutet auch, den Menschen unangenehme Dinge zu sagen“. Das könne aber auch populär sein, die Wähler würden es seiner Erfahrung nach durchaus honorieren, so der frühere slowenische Ministerpräsident.
Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen, Apostolos Tzitzikostas, meinte, eine Pandemie sei wie ein Waldbrand: „Niemand kann das allein lösen, alle Ebenen müssen zusammenarbeiten. Subsidiarität und Solidarität kommen hier voll zum Tragen“. In der Pandemie hätten Städte und Regionen als Betreiber der Spitäler und Gesundheitssysteme die Hauptlast geschultert, nun sei es umso wichtiger, sie bei der Konferenz über die Zukunft Europas stark einzubeziehen. „Dies darf keine Konferenz der Hauptstädte sein, sondern muss darüber hinausgehen“, betonte Tzitzikostas, der auch Gouverneur in der griechischen Region Zentralmakedonien ist.
Quelle: Copyright APA-OTS Originaltext-Service und Institut der Regionen Europas (IRE)
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Fotocredit: Franz Neumayr
Personen: Franz Schausberger, Alexandra Siegl, Johannes Hahn, Karoline Edtstadler, Mikulas Dzurinda, Gasper Dovzan, Christopher Takacs.
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